Für Organisationen jedweder Art heißt es nun, sich für eine Zukunft aufzustellen, in der es nicht mehr reichen wird, wenn das obere Management Entwicklungen vorausdenkt und entscheidet. Elementare Führungsaufgabe wird sein, einen im ganzen Unternehmen gültigen Kompass, der Orientierung, Wendigkeit und Weiterentwicklung auf jeder Ebene ermöglicht, zu entwickeln:
- einen Kompass, in dem neben dem Gewinn Werte wie Nachhaltigkeit, Sinnhaftigkeit, Gesundheit eine zentrale Rolle spielen
- in gutem Kontakt mit der Außenwelt (Kunde, Ökosystem, …), die als Partnerin gehört, gesucht und respektiert wird
- für alle Mitarbeiter, damit im Einkauf, in der Fertigung, in der Produktentwicklung etc.., vor Ort sinnvoll und wach mit sich ändernden Bedingungen umgegangen werden kann – autorisiert und befähigt.
Geteilte Führung schafft mehr
Das hat tiefgreifende Folgen für das Verständnis von Führung – insbesondere in Organisationen, die hierarchisch auf eine Person zentriert (Pionierphase) oder hierarchisch durchgegliedert (Differenzierungsphase) aufgestellt sind. Aufgabe und Privileg zugleich ist dort das Beurteilen und das Entscheiden. Doch diese Kernelemente von Führung werden heute bis in kleine Unternehmensgliederungen hinein direkt bei Mitarbeiterinnen nötig, um der wachsenden Komplexität und Vielzahl ineinander verflochtener Aktivitäten gerecht werden zu können. Je mehr „Custommade“- Prozesse ermöglicht werden sollen, je mehr auf Krankheitswellen, Lieferschwankungen oder andere Engpässe reagiert werden muss, umso schwieriger wird die Gesamtsteuerung der vielzähligen Anforderungen, der wachsenden Komplexität und Abhängigkeiten.
Vom Aufgaben-Denken zum Prozess-, Ziel- und Beziehungs-Denken
In der Entwicklung von Organisationen heißt dies, reif zu werden für die nächste, die Integrations-Phase: Das Unternehmen entwickelt sich nicht mehr nur aus der eigenen Logik heraus: Es nimmt Kunden und weitere Umwelten/Stakeholder nicht nur als Absatzmärkte in den Blick, sondern es bezieht die Kundin mit ein in Gestaltung, Bewertung, Qualitätskontrolle, Weiterentwicklung, u.a. Damit diese bewusste Kontaktgestaltung und Sinnsetzung umsetzbar werden, braucht es einen Vorzeichen-Wechsel für das Handeln bei den Mitarbeitenden auf allen Ebenen und in allen Prozessschritten der Organisation: vom Denken und Handeln in Auftrag/Aufgabe hin
zum Denken in Prozessen, in Zielen und in Beziehungen. Statt zu fragen „Ist die Reklamation berechtigt?“ geht es um: „Was genau vermisst der Kunde? Was heißt das für unsere Produktentwicklung, den Service, …? Gehört das zum Nutzen, den wir erbringen wollen?“
“People don’t resist change. They resist being changed.” Peter Senge
Heute müssen weit mehr Beteiligte den Sinn und die Auswirkungen ihres Beitrags in der gesamten Prozesskette erfassen, um situationsadäquat im Sinne des Ganzen zu handeln. Für Führung heißt das in vielen Fällen, die Beurteilung von auftretenden Problemen direkt und vertrauensvoll Mitarbeiterinnen überantworten zu können. Führung investiert daher in die Befähigung und Entwicklung ihrer Mitarbeiter, so dass diese
- über den Tellerrand hinausschauen, d.h. kooperieren, koordinieren, kommunizieren, mit Konflikten umgehen können
- autorisiert werden, auf der Basis ihrer eigenen Einschätzungen Entscheidungen in ihrem Bereich zu fällen.