Trigon Themen 03|2023

Resilienzentwicklung in Organisationen

Glasls Glosse

Unerwartete Gegenschläge können mich als Mensch und auch eine Organisation aus der Bahn werfen oder sogar zu Fall bringen. So ein Erlebnis ist zwar unbequem oder erschütternd, doch entscheidend ist nicht das Fallen, sondern, ob ich aus eigener Kraft wieder aufstehen kann. Wenn ich mich wieder aufrichte, stehe ich vor mehreren Wahlmöglichkeiten.

 A. Eine Möglichkeit wäre, dass ich spontan die frühere „Normalität“ zurückwünsche. Da sage ich mir dann: (1) Solche Situationen kenne ich, sie stellen keine neuen Fragen an mich und deshalb kann ich auf  bekannte alte Lösungsrezepte zurückgreifen. Das wäre eine (1) „konservative Antwort“, auch wenn sich vielleicht zeigt, dass eine wirkliche Problemlösung doch Neues erfordert hätte. Aber vielleicht reizt es mich, auf die als bekannt verstandene Frage doch eine kreativere Antwort zu geben: Diese Lösung brächte eine (2) „Melioration“, durch die manches verbessert wird, wenngleich keine grundlegend neuen Prinzipien zur Anwendung kommen müssen.

B. Die zweite Möglichkeit wäre, mir einzugestehen, dass in der Komfortzone der „Normalität“ vielleicht doch manches problematisch geworden ist und ich es nur ausgeblendet habe. Ich könnte mich fragen, ob die Situation jetzt doch neue Fragen an mich stellt; und wenn ich da auf Lösungen aus der Vergangenheit zugreife, wird vielleicht der eine oder andere Schaden repariert, aber das Ganze  bleibt fragwürdig. Deshalb muss ich mir die Frage stellen: Wird durch so ein (3) „regressives Vorgehen“ etwas Zukunftsfähiges erreicht, das den neuen Umständen gerecht wird? Wenn ich nun in der Situation mehrere neue Fragestellungen identifiziere, könnte ich das als Herausforderung annehmen?  Und könnte ich mit meinen Schicksalsgenoss:innen ganz neuartige Lösungen suchen? Dies wäre ein (4) „progressives Vorgehen“, mit dem wir Neuland betreten und sowohl einen persönlichen als auch organisationalen Entwicklungsprozesses einleiten!

Aus meinen 55 Jahren Berufserfahrung weiß ich, dass dies von allen Beteiligten Selbstvertrauen und Vertrauen in meine Mitmenschen voraussetzt, damit das gelingen kann. Und es braucht immer wieder aufs Neue Mut, bei auftretenden Hindernissen zu sich selbst zu stehen. Im Nachhinein konnte ich dann die unerwünschte Verstörung als Chance zum Abwerfen überkommener Denkgewohnheiten sehen, um mich auf die Werte meines Lebens und auf Sinn und Zweck der Organisation zu besinnen. Eigentlich könnten wir das ja jederzeit aus eigenem Antrieb tun, aber manchmal müssen wir dazu gestoßen werden – durch unerwünschte Schicksalsschläge.