Trigon Themen 1|2020

Fragen und Fragmente

Virtuelles Führen: wie man auch aus der Entfernung Nähe erzeugt

von
Simone Kainz und Ingrid Kohlhofer

Wenn die Ausnahme zur Regel wird: ein erster Blick auf die Herausforderungen, welche eine ad hoc Umstellung der persönlichen zur virtuellen Führung mit sich bringt und was ein gemeinsamer Kaffee beitragen kann.

Seit wenigen Wochen ist es für den Großteil der Arbeitnehmenden quasi über Nacht zum Alltag geworden – das Homeoffice. Während bei einigen Unternehmen bereits vor der Krise virtuelle Teams zum Arbeitsalltag gehörten, wurden andere Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende dazu gezwungen ihre gewohnte Arbeitsweisen binnen kürzester Zeit über Bord zu werfen. Dies erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Veränderungs- und Lernbereitschaft. Eine derartige grundlegende Veränderung wirkt auf alle drei Subsysteme einer Organisation ein: Menschen, ihre Funktionen, Strukturen (soziales Subsystem), das kulturelle Subsystem wie das technisch-instrumentelle Subsystem sind betroffen.

 

Abb: Trigon Systemkonzept (Friedrich Glasl)

 

Nicht nur die Einhaltung rechtlicher Voraussetzungen (Homeoffice Vereinbarungen), auch die Bereitstellung ausreichender Arbeitsmittel und die veränderten Prozesse stellen Organisationen vor große Herausforderungen. Doch was heißt das für die Führung von Teams und Mitarbeitenden? Welche Herausforderungen haben Führungskräfte momentan zu bewältigen und was kann sie dabei unterstützen? Was ist bei virtueller Führung anders?

Man kann nicht einfach kurz zum/r Vorgesetzen oder Kollegen ins Büro gehen, um eine Frage zu klären. Eine Umstellung der Kommunikation auf digital erfordert auch eine Änderung des Kommunikationsverhaltens. Es ist Aufgabe der Führungskraft, geeignete (und funktionierende) Kommunikationstools für das eigene Team auszuwählen (sofern die von der Organisation bereit gestellten nicht ausreichen) und für eine gute Gesprächskultur zu sorgen. Nachfolgend eine Liste mit einigen Toolvorschlägen, welche die digitale Zusammenarbeit unterstützen und vereinfachen. Wichtig ist, sich nicht zu vieler Tools zu bedienen, weil dies Verwirrung schafft.

 

Anwendung Tools (exemplarisch)
Virtuelle Meetings/

Konferenzen/

E-Learning

o  Teams

o  Skype for Business

o  Clickmeeting

o  Zoom

o  WebEx

Kommunikation in Teams o  Signal (wie Whatsapp)

o  Datenlinks (wie Dropbox)

o  Slack

Gemeinsame Dokumenten-bearbeitung o  Moodle

o  Sharepoint

o  Trello

o  Google Docs

o  Teams

Unterstützende Tools o  Mentimeter

o  Whiteboard

o  Canvas

o  PollyNow

 

Folgendes ist zu beachten: virtuelles Zusammenarbeiten funktioniert anders, eine 1:1 Adaption des persönlichen Austausches auf den virtuellen ist nicht ratsam. Nachfolgend ein paar Tipps:

  • Die Aufmerksamkeitsspanne ist bei virtuellen Meetings geringer, daher Meetingdauer kürzer ansetzen. Lieber kürzere Meetings in höherer Frequenz.
  • Regelmäßig in Kontakt bleiben. Tägliche bzw. wöchentliche Meetings abhalten (z.B. morgens mit einem Videomeeting starten).
  • Einige Minuten für Smalltalk Für einen guten Zusammenhalt ist es wichtig, sich auch über Informelles austauschen zu können.
  • Klare Fokussierung auf die gewählten Besprechungsthemen sicherstellen.
  • Regelmäßige Updates einplanen, was in der Organisation passiert.
  • Vorabversand der Agenda mit Besprechungspunkten und deren Ziel, um Abschweifungen oder Demotivation zu vermeiden.
  • Vorab überlegen, wie Entscheidungen im virtuellen Raum getroffen werden, um dogmatische Diskussionen über Vorgehensweisen zu verhindern.
  • Minimierung des Virtuelle Meetings funktionieren besser, wenn alle Teilnehmenden per Bild und Ton zugeschaltet sind. Wenn der Kreis zu groß wird, kann leicht Chaos entstehen.
  • Bei mehreren Teilnehmenden empfiehlt es sich ein Zeichen (z.B. Hand heben) für Wortmeldungen zu Beginn zu vereinbaren.
  • Einsatz von virtuellen Tools für Visualisierungen (z.B. ein Whiteboard zur Dokumentation oder eine Abfrage per Mentimeter für Abstimmungen) ist nützlich, erfordert jedoch entsprechende digitale Kompetenzen.
  • Ergebnisse für alle sichtbar schriftlich festhalten, um Verbindlichkeit zu schaffen.

Moderations- und Methodenkompetenzen verbessern Gesprächskultur und Besprechungsklima deutlich. Wichtig ist, Tools vorab auf ihre Funktionalität zu überprüfen. Und wenn es trotzdem mal nicht störungsfrei ist … sich gegenseitig zu helfen, was den Teamzusammenhalt stärkt.

Neben den Teambesprechungen ist es auch wichtig, dass die Führungskraft klar kommuniziert, wie und wann sie für Einzelgespräche am besten erreichbar ist bzw. empfehlen wir Führungskräften ihre Mitarbeitenden von sich aus zu kontaktieren.

Videoübertragung stärkt die persönliche Beziehung, es ist aber klug auf die Präferenzen der einzelnen Mitarbeitenden einzugehen.

Die Befähigung der Mitarbeitenden, die neue Arbeitssituation gut bewältigen zu können, ist ein Erfolgsfaktor:  individuelle Unterstützung durch die IT und HR zu gewährleisten ist wichtig (z.B. Telefonschulung bei neuen Programmen oder die Bereitstellung von Leitfäden mit Schrittanweisungen und Screenshots).

Virtuelle Meetings haben Kraft, wenn sie fokussiert und nach klaren Regeln ablaufen. Und gleichzeitig braucht es Räume für die informelle Begegnung: die Range reicht von den erwähnten Minuten für Smalltalk am Beginn von Meetings, über einen gemeinsamen virtuellen Kaffee oder Mittagessen bis hin zu einer freitäglichen virtuellen Happy Hour, in der die Woche reflektiert wird.

Gegenseitiges Vertrauen ist der Königsweg zu effektiver virtueller Zusammenarbeit: Transparenz, gelebte Verlässlichkeit und gegenseitige Unterstützung pflastern diesen Weg.