Trigon Themen 01|2021

Digital Leadership

Vernetzte Kommunikation in digitalisierten Supply Chains

Kennen Sie den Spruch "Uber yourself before you get Kodak'ed"? Auch wenn es nicht Uber war, welches das Ende von Kodak herbeigeführt hat – nutzen wir solche Beispiele um zu verstehen, wie eine digitalisierte Supply Chain-Strategie zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil führen kann!

Wir beobachten täglich, dass Unternehmen mit bewährten Geschäftsmodellen durch die digitalen Player Amazon, Airbnb, Booking.com, Uber u.v.a. gehörig durcheinander gebeutelt werden. Meistens geschieht dies durch eine neue Form der Kooperation mit den Kunden oder zwischen einzelnen Dienstleistern untereinander. Bei aller berechtigten Kritik an diesen Unternehmen: Digitalisierung ist für sie nicht nur Technik. Sie haben es verstanden diese in funktionierende Geschäftsmodelle umzugestalten. Der Supply Chain-Prozess zwischen Uber, den Fahrern und den Kunden ist völlig digital und dadurch rasch, günstig und transparent. Dies führt zu Wettbewerbsvorteilen, die klassischen Taxiunternehmern Probleme bereiten, obwohl Taxilenker deutlich besser ausgebildet sind, vielfach die besseren Autos haben, ein bewährtes Geschäftsmodell haben – und viele von ihnen durchaus interessante Gesprächspartner sind, aber das Letztere sind Uber-Fahrer ja eventuell auch.

Kunden wollen heute rascher beliefert werden denn je. Sie wollen zudem Transparenz: Welche Produktvarianten gibt es? Wie sind die Preise? Wo ist mein bestelltes Produkt gerade jetzt? Wann kommt es an? Ob in der Industrie, im Handel oder in anderen Dienstleistungsbereichen: Supply Chains sind nicht mehr einfach logistische Herausforderungen, um den Transport von Produkten vom Lieferanten zu ihren Kunden abzuwickeln. Digitale Supply Chains sind komplexe Systeme geworden. Wenn z.B. Amazon es schafft, sich mit Händlern, Produzenten, Transport-Unternehmen so zu vernetzen, dass Kunden bereits bei der Bestellung wissen, an welchem Tag ihr Produkt ankommen wird, dann ist das ein unschätzbarer Wettbewerbsvorteil.

Wie muss sich ein Unternehmen organisieren, damit das möglich wird? Wie müssen seine Kommunikationsprozesse gestaltet sein? Wer muss mit wem intensiv zusammenarbeiten?

Sehen wir uns eine vereinfachte, aber typische Lieferkette aus der Sicht eines produzierenden Unternehmens an: Es erhält Rohmaterialien von Zulieferern, verarbeitet diese und liefert diese an Großhändler.

Und nun betrachten wir die interne Organisationsstruktur aus der Sicht eines Produzenten: Procurement kümmert sich um die Lieferanten, Operations um die Produktion, Sales um die Kunden, in diesem Falle also die Großhändler.

Mit einer derartigen funktionalen Struktur wird auf Spezialisierung, klare Aufgabenverteilung und Effizienz gesetzt. Allerdings wird nicht das gesamte System betrachtet, sondern jede Abteilung kümmert sich um einzelne Teile. Wenn wir das tun, negieren wir das Axiom, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Wir werden der Komplexität der Aufgabe nicht gerecht. Ist es nicht auch für die Leiterin des Procurement wichtig zu wissen, wie zufrieden ein wichtiger Endkunde mit der ihm gelieferten Produktqualität war? Je rascher diese Information bei ihr ankommt, desto eher kann sie die Einkaufsstrategie auf dieses Wissen hin abstimmen. Die Herausforderung im Unternehmen ist es, diese Information bereitzustellen. Die Digitalisierung von Daten bietet hierfür Chancen, die aber auch genutzt werden müssen.

Digitale Supply Chains basieren auf Prozessen der Mustererkennung. Sie benötigen eine Vielzahl von Daten über Kunden, Lieferanten und interne Verarbeitungsprozesse.

 

Diese Daten dürfen aber nicht isoliert in Abteilungen gebunkert werden, sondern müssen quer durch funktionale Organisationseinheiten besprochen und diskutiert werden, um auf dieser Basis Entscheidungen treffen zu können.

Die Herausforderung im Unternehmen ist es, Kommunikationsprozesse zu schaffen mit deren Hilfe diese verzweigten und komplexen Netzwerke gebildet und belebt werden können.

 

5 Faktoren, die bei der Netzwerkbildung unterstützen

  1. Eine Unternehmenskultur, die den Kunden radikal in den Mittelpunkt stellt. Kundenorientierung kann man nicht verordnen. Es braucht die Auseinandersetzung auf der Ebene der Werthaltungen, in die alle Mitarbeiter*innen einbezogen werden.
  2. Hierarchisch-funktionale Strukturen sind für die Bewältigung der steigenden Komplexität zunehmend ungeeignet, weil Entscheidungen oft nicht ausreichend diskutiert werden und dennoch die Entscheidungszeit häufig zu lang ist. Prinzipien der Selbstorganisation sind hier geeigneter.
  3. Zunehmende Selbstorganisation darf nicht bedeuten, dass nun Experten einsame Entscheidungen treffen. Führungskräfte haben die Aufgabe, die intensive Zusammenarbeit zwischen den einzelnen internen und externen Partnern zu ermöglichen. Diese Kommunikationsprozesse umfassen automatisierten wie auch persönlichen Info-Austausch.
  4. Eigenverantwortung und Selbstorganisation müssen sich auch in der Organisationsstruktur widerspiegeln und auf das soziale Subsystem des Unternehmens Einfluss nehmen.
  5. Die Gestaltung der Prozesse und Abläufe muss übergreifend zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen erfolgen und jedenfalls auch Lieferanten und Kunden miteinbeziehen. Dies gilt für den Produkt- und Finanzfluss und in besonderem Maße natürlich für den Kommunikationsfluss.