Trigon Themen 02|2021

Ganzheitlichkeit und Entwicklung

Entwicklungen mit Fritz Glasl

Entwicklung steht in allen Forschungsfragen und Veröffentlichungen von Fritz im Mittelpunkt. Gesellschaftliche Entwicklungen, die Organisationsentwicklung und die individuelle Entwicklung des Menschen werden miteinander verwoben betrachtet.

Mit dem Buch „Organisationsentwicklung“ 1 hat Fritz als einer der ersten im deutschsprachigen Raum diesen Begriff eingeführt. Das NPI, von dem Fritz nach Österreich kam, wurde 1954 gegründet. Dort wurde in diesem Bereich, aufbauend auf der Anthroposphie Rudolf Steiners und anknüpfend an die Arbeiten von Kurt Lewin geforscht und Organisationsentwicklung (OE) in Projekten umgesetzt.

Hans von Sassen, der vor Fritz in Österreich war und Kontakte zu Menschen knüpfte, die sich mit OE beschäftigten, und Fritz waren die wesentlichen Impulsgeber für die Gründung von Trigon Entwicklungsberatung. Bei einem gemeinsamen Treffen in Zeist (NL) beim NPI 1984 erhielten wir einen Einblick in ihre OE- und Beratungskonzepte.

Gegründet wurde Trigon (1984/85) von sieben Beratern: Friedrich Glasl, Othmar Donnenberg, Hans v. Sassen, Hannes Piber, Franz Biehal, Werner Vogelauer, Oskar Gelinek. Die Rechtsform der Genossenschaft wurde gewählt, weil sie am besten ein assoziatives Wirtschaften unterstützt und dem von Fritz Glasl und Hans von Sassen betonten Grundsatz der Partnerschaftlichkeit entsprach, nach dem alle Genossenschafterinnen gleich viele Anteile an der Firma haben sollen.

Die Freiheit im Geistesleben wurde von Fritz vorbildlich gelebt: er teilte alle seine Konzepte, Modelle, Artikel, diskutierte deren Anwendung in unseren Arbeitsfeldern und regte immer wieder aufs Neue an, Forschungsfragen zu stellen. Das Beschäftigen mit den Modellen und Konzepten führte später zu einer Sammlung der Trigon Basiskonzepte, die bis heute eine wesentliche  Quelle unserer Arbeit sind und kontinuierlich weiterentwickelt/ergänzt werden.

Zur Gründungszeit von Trigon und auch einige Jahre danach noch waren Frauen als Organisationsberaterinnen in der Minderzahl. Fritz war dieser Missstand immer bewusst und er hat sich von Beginn an dafür eingesetzt, dass möglichst oft ein Beratungsduo von einer Frau und einem Mann in Projekten oder Lehrgängen beide Geschlechterperspektiven einbringen. Auch hat Fritz jüngere Kolleginnen und Kollegen stets unterstützt und gefördert. So hat er mich schon früh zu Veröffentlichungen angeregt oder z. B. eingeladen, mit ihm die OE-Beratungsausbildung OE-Werkstatt zu leiten. Auch war es ihm selbstverständlich, mit anders denkenden Menschen, die ihre Sichtweise aus anderen Disziplinen einbringen, zusammenzuarbeiten. Wir arbeiteten mit Biologinnen, Eurythmisten, Musikerinnen, bildenden und darstellenden Künstlern zusammen. Künstlerische Übungen in die Arbeit einzubeziehen hilft, den ganzen Menschen zu erreichen und damit Entwicklung mit dem Ziel der Transformation zu unterstützen.

Seinen politischen und ethischen Überzeugungen u.a. zu Gewaltlosigkeit, seinem Engagement in Friedensbewegungen und seiner Arbeit in der Konfliktforschung fühle ich mich sehr verbunden.

Den ganzen Menschen ansprechen  – Körper, Seele und Geist – hat Fritz lange vor den Erkenntnissen aus der Gehirnphysiologie in seiner Arbeit umgesetzt. Mit Bildern arbeiten, emotionale Erlebnisse ermöglichen, neue Perspektiven erkennen sind für eine Konfliktlösung und für Entwicklungsprozesse entscheidend. Als Psychologin habe ich darin auch mein Menschenbild gefunden und gerne im gemeinsamen Lehren und Lernen umgesetzt. Auch ist Fritz immer neugierig und offen geblieben und hat immer wieder Studienreisen angeregt, z. B. zum MIT in Boston, wo wir mit Otto Scharmer gearbeitet haben, lange bevor dieser bekannt wurde.

Diese Suche nach neuen, weiteren Erkenntnissen führte immer wieder zu einer vertiefenden Durchdringung eines Themas und zu neuen Fragestellungen, die häufig in neuen Artikeln oder Büchern Eingang fanden.

Im Mai 2021  hat Fritz seinen 80. Geburtstag gefeiert. Wir sind sehr froh, weiterhin mit ihm verbunden zu bleiben!

 

Erwähnte Literatur:

1 Glasl, F. /L. de la Houssaye (Hrsg.) (1975): Organisationsentwicklung. Bern, Stuttgart